Es ist schon seltsam: Obwohl in Europa nur 15 bis 20 % der Menschen Milchzucker (Lactose) nicht verdauen können, ist der Begriff der Lactoseintoleranz allgemein bekannt. Lactosefreie Lebensmittel sind problemlos erhältlich. Fruchtzuckerunverträglichkeit hingegen betrifft bei uns mehr als jeden dritten Erwachsenen und sogar zwei von drei Kleinkindern, aber dem wird in der Lebensmittelherstellung kaum Rechnung getragen. Eine Ernährung mit reduziertem Fruchtzucker bedeutet deshalb eine gewisse Herausforderung, ist aber mit den richtigen Tipps durchaus möglich.

Verschiedene Formen von Fruchtzuckerunverträglichkeit

Die Fachbegriffe für eine Fruchtzuckerunverträglichkeit lauten Fructoseintoleranz und Fruktose-Malabsorption. Früher wurden sie synonym verwendet, inzwischen wird aber unterschieden, ob gar kein Fruchtzucker verstoffwechselt werden kann, also eine tatsächliche Intoleranz vorliegt, oder ob lediglich die Aufnahme (Absorption) von Fructose im Dünndarm gestört ist und damit eine Fruktose-Malabsorption zu diagnostizieren ist. Letzteres ist der Fall, wenn weniger als 25 g Fruchtzucker vom Dünndarm verwertet werden können.

Eine völlige Fructoseintoleranz wird als hereditäre (angeborene) Fructoseintoleranz (HFI) bezeichnet, eine Fruktose-Malabsorption als intestinale (erworbene) Fructoseunverträglichkeit (IFI), wobei die IFI die häufigste Form im Bereich der Unverträglichkeit von Fruktose ist.

Unter Medizinern ist umstritten, ob Fruchtzuckerunverträglichkeit überhaupt eine Krankheit ist oder ob man sie besser als Abnormität erfasst, die mit einer bestimmten Häufigkeit in der Bevölkerung auftritt und deren Auswirkungen zudem abhängig sind von der Menge des konsumierten Fruchtzuckers. Wie auch immer man es betrachtet, durch die Unverträglichkeit oder den Überschuss kommt es zu Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall. Der Arzt kann die Fruktose-Malabsorption ganz einfach über einen Atemtest feststellen. Eine echte Therapie gibt es zwar nicht, aber die Diagnose sollte Anlass für eine bewusste Ernährung sein. Oft verschwindet die Fruchtzuckerunverträglichkeit danach ganz von selbst.

Die HFI bleibt ein ganzes Leben lang und führt leider nicht nur zu den oben beschriebenen lästigen Auswirkungen. Weil hier der Fructose-Stoffwechsel gestört ist, wirken schon geringe Mengen an Fructose toxisch. Sie stören den Stoffwechsel auch bei Glucose und können damit zu einer lebensbedrohlichen Unterzuckerung führen. Glücklicherweise kommt diese Krankheit nur sehr selten vor – sie betrifft nach unterschiedlichen Studien nur einen von zehntausend oder von hunderttausend Menschen.

Nicht nur Obst meiden

Während HFI-Patienten auf eine strenge Diät achten müssen, reicht bei IFI eine bewusste Ernährung, die auf fructosefreie Lebensmittel aufbaut. Der komplette Verzicht auf Fructose wird aber nicht empfohlen. Natürliche Fructose ist selbstverständlich in Obst enthalten, aber zum Beispiel auch in Honig. Manches Obst enthält besonders viel Fructose, etwa Äpfel, Kirschen und Rosinen. Je reifer das Obst ist, umso mehr Fructose bildet sich. Das liegt daran, dass bei der Reifung Saccharose in Fructose und Glucose umgewandelt wird. Da Fructose billiger ist als gewöhnlicher Haushaltszucker, wird sie bei vielen industriell verarbeiteten Lebensmitteln eingesetzt und dort auch noch als Werbebotschaft bejubelt. Produkte mit Fruchtzucker werden als light, mit Fruchtsüße und weniger Zucker etikettiert oder sogar als Diätprodukt angepriesen. Auch gesunde Menschen sollten darauf nicht hereinfallen, denn ein Übermaß an Fruchtzuckerkonsum ist stets ungesund. Mehr als 35 Gramm sind eine typische Grenze, und die können bereits mit zwei Gläsern Apfelsaft überschritten sein. Nach der Diagnose IFI müssen Patienten den Fruchtzuckerkonsum zunächst massiv einschränken, bis die Beschwerden abgeklungen sind. Danach essen sie wieder kleine Mengen Obst und tasten sich so an die Grenze heran, bis zu der sie Fructose vertragen.

Bild: Bigstockphoto.com / Odua Images

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