Pflegebedürftigkeit bedeutet eine Ausnahmesituation – sowohl für den Betroffenen als auch für seine Angehörigen, die nun gemeinsam Entscheidungen treffen müssen: Welcher Pflegegrad liegt vor? Wie wird die Pflege organisiert? Ist der Verbleib in den vertrauten vier Wänden möglich und sinnvoll, wenn eine ambulante Pflege stattfindet, oder steht ein Umzug in ein Pflegeheim an? Welche finanziellen Hilfen gibt es für die Pflege und wie beantrage ich sie? Die meisten Menschen dürften mit diesen Fragen überfordert sein. Das Elfte Sozialgesetzbuch sieht deshalb einen Rechtsanspruch auf Pflegeberatung vor (§ 7a SGB XI). Dafür gibt es bei den Krankenkassen fachkundige Pflege-Berater und -Beraterinnen.

Recht auf Beratung bereits mit Antragstellung

Der Anspruch auf Pflegeberatung entsteht nicht erst mit der Zuerkennung eines Pflegegrads und der Bewilligung entsprechender Leistungen, sondern schon mit der Antragstellung hierzu. Grundsätzlich hat der Pflegebedürftige den Anspruch auf die Beratung. Auf seinen Wunsch hin werden Angehörige oder weitere Personen einbezogen. Die Pflegeberatung findet persönlich zu Hause oder in einer Pflegeeinrichtung statt, kann aber – wichtig in Zeiten von Corona – auch digital erfolgen, zum Beispiel per Videotelefonat.

Der Versorgungsplan steht im Mittelpunkt

Nach dem SGB XI wird im Rahmen des Beratungsgesprächs über die Pflege zunächst der Hilfebedarf analysiert. Dabei werden die Ergebnisse des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) bzw. Medicproof bei privat Versicherten sowie die häusliche Situation des Pflegebedürftigen berücksichtigt. Zentrales Element der Pflegeberatung ist das Erstellen eins individuellen Versorgungsplans, der neben den erforderlichen Sozialleistungen auch gesundheitsfördernde Maßnahmen, Prävention sowie eine mögliche Kur oder Reha berücksichtigt. Pflege-Berater helfen bei der Genehmigung der Maßnahmen durch die jeweiligen Leistungsträger, überwachen die Durchführung des Versorgungsplans und sorgen dafür, dass er gegebenenfalls an einen veränderten Bedarf angepasst wird. Wenn die Komplexität der Pflegesituation es erfordert, wird der gesamte Prozess dokumentiert und ausgewertet. Nicht zuletzt sind auch Leistungen zur Entlastung der Pflegepersonen ein wichtiges Thema in einer umfassenden Pflegeberatung.

Ansprechpartner vor Ort bevorzugt

Qualifizierte Pflegeberatung erfordert besondere medizinische bzw. pflegerische Fachkenntnisse, aber auch Einfühlungsvermögen in die Situation der Betroffenen. Die Berater sollten einschätzen können, ob die derzeitige Wohnung ausreichend barrierearm ist, um den Mobilitätsanforderungen des Pflegebedürftigen und seiner Sicherheit auch im Hinblick auf mögliche Demenz gerecht zu werden. Sie müssen die Situation von Angehörigen einschätzen können und mit den Begriffen Tagespflege, Nachtpflege und Verhinderungspflege vertraut sein, um die Möglichkeiten einer ambulanten Pflege durch Pflegedienste und/oder Angehörige aufzuzeigen. Sie können Familienmitgliedern beispielsweise die im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Pflegekurse (§ 45 SGB XI) erläutern und Teilnahmeoptionen empfehlen. Solche Angebote sind regional sehr unterschiedlich, ebenso kommunale Initiativen wie ein örtliches Seniorencafé. Die Fördermöglichkeiten basieren zum Teil auf Landesrecht. Deshalb ist es gut, wenn sich ein Pflege-Berater vor Ort auskennt und idealerweise bereits Erfahrungen mit konkreten Angeboten sammeln konnte.

Bild: Bigstockphoto.com / Rido81

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