Rund 1.600 Fachärzte waren nach der Statistik der Bundesärztekammer aus dem Jahr 2019 als Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie tätig, davon etwas mehr als die Hälfte im ambulanten Bereich als niedergelassene Ärzte. Mindestens elf Jahre Aus- und Weiterbildung – sechs Jahre im Medizinstudium, weitere fünf Jahre Vollzeit als Arzt in Weiterbildung (AiW) bedeuten eine umfassende Kompetenz, wenn es um das Zusammenspiel von Körper und Seele geht.

Überschneidungen zwischen physischen und psychischen Symptomen erkennen

Der Psychosomatik Facharzt hat sich nach den Weiterbildungsordnungen der Bundesländer in ein besonders breites Aufgabengebiet einzuarbeiten. Sein allgemeines Medizinstudium befähigt ihn, „klassische“ Diagnosen zu stellen und Therapievorschläge zu machen. Eine ganzheitliche Sicht auf den Patienten zeigt aber, dass es in vielen Fällen wesentliche Überschneidungen gibt zwischen der körperlichen – in vielen Fällen internistischen – Krankheit und der Psychosomatik. In diesem Fachgebiet wird nicht nur ergründet, welche Wechselwirkungen zwischen der körperlichen Ursache der Krankheit und der psychischen Reaktion darauf bestehen. Es geht insbesondere darum, aus diesen Erkenntnissen auch konkrete Behandlungsmöglichkeiten für die oft schwer erkrankten Patienten abzuleiten und die körperliche Genesung durch entsprechende psychotherapeutische Ansätze zu unterstützen. Deshalb lernt der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in seiner Weiterbildungszeit verschiedene Formen der Psychotherapie kennen, zum Beispiel Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologie oder systemische Aufstellungen. Spezialgebiete sind etwa die Psychoonkologie bei Krebserkrankungen und die Schmerztherapie.

So sieht der Lehrplan aus

Die Mindestanforderungen nach dem Muster-Weiterbildungsplan der Bundesärztekammer sind drei Jahre Psychosomatische Medizin sowie jeweils ein Jahr Psychiatrie mit Psychotherapie und Innere Medizin. Vor allem der Bereich Psychotherapie ist aus den oben erläuterten Gründen stark ausgeprägt und soll mindestens 1.500 Behandlungsstunden umfassen. Der Arzt in Weiterbildung ist dabei zwar aktiv tätig, erlebt aber eine regelmäßige Supervision – nach jeder vierten Stunde – durch einen Weiterbildungsberechtigten in der Klinik oder Praxis, in der er seine Facharztausbildung absolviert. Weitere Beispiele aus dem Lehrplan in diesem Bereich sind 240 Theoriestunden und mindestens hundert dokumentierte Untersuchungen, in denen unter entsprechender Supervision psychosomatische Anamnese, Interviews, Verhaltensanalysen und Testdiagnostik durchgeführt wurden.

Ganzheitliche Sicht hat Vergangenheit und Zukunft

Schon vor hundert Jahren gab es in Deutschland zaghafte Bemühungen, Psychoanalyse und Psychotherapie als ärztliches Fachgebiet zu etablieren. Die Bestrebungen erlitten in der Nazi-Diktatur und durch den zweiten Weltkrieg einen Rückschlag, wurden später aber wieder aufgenommen. In den 1960er Jahren gelang der wissenschaftliche Nachweis, dass Psychotherapie wirksam ist in Bezug auf nachhaltige Genesung und Reduzierung von Krankenhauszeiten der Patienten. Psychotherapie wurde daraufhin zur Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenversicherung und die Psychosomatische Medizin zum Pflichtfach für angehende Ärzte. Heute gibt es keine ernsthaften Zweifel an dem Zusammenspiel von körperlichen Funktionen und seelischer Gesundheit. Verantwortliches ärztliches Handeln betrachtet stets beide Aspekte – der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ist dazu besonders befähigt.

Bild: Bigstockphoto.com / Andrey_Arloy

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