Heizungsluft drinnen, trockene Luft draußen – sicher kennen Sie die Werbung für Hautcreme und Lippenpflege. Beide Produkte haben im Winter Konjunktur, ebenso wie Bonbons gegen das Kratzen im Hals. Also werden die Heizkörper mit Verdampfern bestückt, um die Luftfeuchtigkeit in Räumen zu erhöhen. Aber ist das wirklich gesund? Wie so oft im Leben sind Extreme – zu trockene, aber auch zu feuchte Luft – schädlich.
Winterzeit ist Erkältungszeit
Die Heizung ist nicht allein für das Austrocknen der Raumluft verantwortlich. Gerade wenn dauernd gelüftet wird, haben wir im Winter ein Problem. Die kalte Luft draußen hat nämlich noch weniger Feuchte als die Raumluft. Beim Lüften tauschen wir also feuchte Raumluft gegen trockene Außenluft. Fällt die relative Luftfeuchtigkeit unter 40 %, spricht man von Lufttrockenheit. Das betrifft auch unsere Schleimhäute – sie trocknen mit der Zeit aus. Das spüren wir sofort in der Nase und im Hals. Gleichzeitig steigt die Zeit, die Viren, Bakterien, Hausstaubmilben und Schimmelsporen in der Luft überleben. Und die treffen nun – wegen der ausgetrockneten Schleimhäute – auf unzureichend geschützte Körperöffnungen. Die Kombination beider Effekte sorgt für die erhöhte Ansteckungsgefahr mit Grippe und grippalen Infekten in der kalten Jahreszeit. Und es ist auch kein Zufall, dass die zweite Corona-Welle im Winter viel heftiger ausfällt als die erste Welle im Frühjahr.
Zu hohe Feuchtigkeit gefährdet Gesundheit und Bausubstanz
Also sorgen wir am besten für größtmögliche Luftfeuchtigkeit? Falsch. Ab 60 % schaden wir nicht nur unserer Gesundheit, sondern auch dem Gebäude. Zwar überleben Schimmelsporen besser in trockener Luft, aber Schimmelbildung braucht Feuchtigkeit. Schimmelbefall ist nicht sofort sichtbar. Ein Raum, der ständig zu feucht ist, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit verdeckten Schimmel, stellt die Kommission für Innenraumlufthygiene beim Bundesumweltamt in ihrem Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelschäden fest. Die Folge sind Atemwegsinfektionen bis hin zum Asthma. Hohe Luftfeuchtigkeit ist heute das größere Risiko: Kleinere Wohnungen bedeuten weniger Luftvolumen, um die Feuchtigkeit vom Duschen oder Kochen, von unseren Zimmerpflanzen und nicht zuletzt von uns selbst durch Atmen und Schwitzen aufzunehmen. Dicht schließende Fenster und Türen sperren die feuchte Luft ein und verhindern den Austausch mit der trockenen Außenluft. Wenn wir wegen der Kälte draußen zu wenig lüften, kommt der Luftaustausch zum Erliegen. Zwar gibt es eine DIN-Norm für eine Mindestluftwechselrate (DIN 1946-6), aber die gilt nur für Lüftungssysteme. In den meisten Wohnungen gibt es so etwas nicht, und dann sind die Bewohner selbst für die ideale Raumfeuchtigkeit verantwortlich.
Das optimale Gleichgewicht
Vierzig bis sechzig Prozent relative Luftfeuchtigkeit ist ein schmales Zielfenster, das es einzuhalten gilt. Moderne Technik hilft dabei, die optimale Luftfeuchtigkeit in Wohnräumen zu erreichen. Lüftungsanlagen mit Feuchteregulierung sind für Neubauten und in energetisch sanierten Gebäuden das Optimum. In Bestandsbauten hilft schon ein günstiger Feuchtigkeitsmesser, die aktuelle Situation richtig einzuschätzen. Mit gezieltem Einsatz von Luftentfeuchter, Bad- und Wohnraumlüfter kann die relative Luftfeuchtigkeit auf ein gesundes Mittelmaß gesteuert werden.
Bild: Bigstockphoto.com / Daria Kulkova
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